Kapitel F

323 6.2 Anforderungen an das Raumklima Das Raumklima ist der entscheidende Faktor bei der Auswahl von konkreten Maßnahmen. Die Anforderungen an die Klimatisierung des Kirchenraumes werden maßgeblich durch zwei unterschiedliche Interessen beeinflusst: 1. Die Bedürfnisse der Kirchenbesucher: Oft stehen bei der Temperierung des Kirchenraumes die Interessen der Nutzer im Vordergrund. Ist es den Gottesdienstteilnehmern zu kalt, wird kurzerhand die Heizung nach oben gedreht. Meistens jedoch liegt das Kälteempfinden nicht an der mangelnden Beheizung, sondern an den baulichen Besonderheiten von Kirchen. Die dicken, kalten Außenwände haben eine sehr niedrige Temperatur und strahlen Kälte ab, wodurch die empfundene Temperatur spürbar niedriger ist als die tatsächliche Lufttemperatur. Das daraus resultierende Kälteempfinden kann nur bedingt durch eine Erhöhung der Raumtemperatur kompensiert werden. Zusätzlich zu einem erhöhten Energieaufwand besteht die Gefahr, dass Bauteile und Kirchenausstattungen durch die erhöhte Temperatur ihr bauphysikalisches Gleichgewicht verlieren und Schäden entstehen. 2. Erhalt der Bausubstanz/Raumschale und der in den Gebäude aufbewahrten Gegenstände: Besonders sensibel reagieren die in der Kirche aufbewahrten Gegenstände auf klimatische Veränderungen. Als typische Beispiele können Orgel und Gemälde genannt werden. Bereits kleinste, dauerhafte Veränderungen können zu einer erheblichen Beschädigung führen. Aber auch das Gebäude selbst kann dadurch erheblichen Schaden nehmen. Viele Kirchen haben Jahrhunderte fast schadlos überstanden. Durch Eingriffe wie den Einbau eines Temperiersystems oder unsachgemäße Sanierungen wurde das natürliche Klima in den Gebäuden dauerhaft verändert und Schäden kommen zum Vorschein. Diese zwei Interessengruppen müssen stets in Zusammenhang miteinander gebracht werden. In der Praxis findet jedoch meistens nur eine der Gruppen Beachtung, was nicht zuletzt an der unzureichenden Kenntnis der Akteure vor Ort über bauphysikalische Zusammenhänge innerhalb des Kirchengebäudes liegt. Ohne eine umfangreiche Aufklärung in diesem Bereich kann nicht adäquat auf die Problemstellungen eingegangen werden. Eine allgemeingültige Aussage, welches Klima für welche Kirche am besten geeignet ist, kann nicht getroffen werden. Jedoch gibt es zwei ausschlaggebende klimatische Stellgrößen – die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur – über deren Regulierung und Überwachung man maßgeblichen Einfluss auf das Klima ausüben kann.

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