Gesamtwerk

165 1.5 Verwendung natürlicher Baustoffe Die Auswahl an Baustoffen war in den vergangenen Jahrhunderten noch begrenzt durch die technischen Möglichkeiten der Gewinnung und Verarbeitung und wurde auch durch die regionale Verfügbarkeit eingeschränkt. Insbesondere seit dem Beginn der Industrialisierung hat sich die Zahl der Baustoffe stark erweitert. Die Verfügbarkeit von neuen Baustoffen ermöglicht Gebäudekonstruktionen, die vor wenigen Jahrhunderten noch undenkbar waren, wie beispielsweise Glasfassaden. Zudem werden die stark gestiegenen Anforderungen an die technischen Eigenschaften eines Gebäudes wie Wärmeschutz, Feuchteschutz, Schallschutz und Wartungsfreiheit häufig erst durch die Verwendung neuer Baustoffe und Konstruktionen gelöst. Aber der Fortschritt hat auch seinen Preis. Während Gebäude in traditioneller Bauweise oft bereits Jahrhunderte überdauert haben, ist der moderne Baubestand auch bei kirchlichen Liegenschaften oft schon nach wenigen Jahrzehnten baufällig oder muss sogar ganz abgerissen werden. Das Alterungsvermögen moderner Konstruktionen ist oft deutlich schlechter. Die Bauteilzyklen sind relativ kurz. Im Sinne der Nachhaltigkeit sollen deshalb vorrangig althergebrachte, natürliche Baustoffe eingesetzt werden, deren lange Lebensdauer sich bereits bewährt hat. Ebenfalls aus Gründen der Nachhaltigkeit sollte auf die Verwendung von Baustoffen geachtet werden, die ohne größeren industriellen Aufwand und mit geringem Energieeinsatz hergestellt werden können und regional verfügbar sind. Viele natürliche Baustoffe entsprechen gerade deshalb dem Anspruch nach energetisch günstigen und nachhaltigen Konstruktionen. Kunststoffhaltige Materialien haben im Vergleich zu traditionellen Baustoffen ein schlechteres Alterungsverhalten. Es sind Materialien zu vermeiden, die nur schwer recycelbar sind oder sogar als schadstoffhaltiger Sondermüll entsorgt werden müssten. Aus gesundheitlichen und aus ökologischen Gründen sollen nur umweltverträgliche und zertifizierte Baustoffe verwendet werden. Im historischen Gebäudebestand zeigt sich, dass der nachträgliche Einsatz moderner Baustoffe oft zu Unverträglichkeiten mit der alten Gebäudekonstruktion führt. Deswegen sollen bei alten Gebäuden die Konstruktionen mit historisch verwendeten Materialien ergänzt werden, was meist auch der Einheitlichkeit im Erscheinungsbild zu Gute kommt. Aber auch bei Neubauten soll das Alterungsverhalten von Baustoffen und Baukonstruktionen berücksichtigt werden. Historisch verwendete Baustoffe wie Holz, Stein und Ziegel (gebrannter Lehm) haben nicht nur eine hohe Dauerhaftigkeit, sondern sie gewinnen ihre ästhetische Qualität gerade durch den Alterungsprozess. Ihr Vorkommen in der Natur führt zu einem vertrauten Bild. Durch ihren zeitlosen Charakter haben sie das Erscheinungsbild einheitlicher regionaler Bauweisen geprägt. Moderne Baustoffe sind aus unserem heutigen Baugeschehen nicht mehr wegzudenken. Aber gerade bei der Wahl von grundsätzlichen Konstruktions- und Oberflächenmateri-

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